Stolpersteine für David Schuster und das Ehepaar Arndt verlegt

Drei neue Stolpersteine erinnern an jüdische Mitbürger aus Luckenwalde, die in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet, verfolgt und vertrieben wurden. Dieses Mal geht es um David Schuster und das Ehepaar Ernst und Marie Arndt.

Drei Stolpersteine wurden am Donnerstagabend in Luckenwalde verlegt – für David Schuster sowie für das Ehepaar Ernst und Marie Arndt. Mit diesen Steinen wird an Luckenwalder Mitbürger erinnert, die in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet, verfolgt oder vertrieben wurden.

Zum 12. Mal hat der CDU Stadtverband eine solche Verlegeaktion initiiert, die im Rahmen des Projektes Stolpersteine stattfindet, das vom Künstler Gunter Demnig initiiert wurde. Der Künstler selbst war aufgrund der Coronakrise nicht dabei.

Bürgermeisterin Elisabeth Herzog-von der Heide (SPD) bedankte sich beim CDU-Stadtverband für die jahrelange Initiative, vor allem aber beim ehemaligen Luckenwalder Pfarrer Detlev Riemer. „Dank seiner Recherche nehmen wir diese Luckenwalder Bürger nicht nur wahr als Opfer eines mörderischen Systems, sondern lernen sie auch als Persönlichkeit kennen und erfahren etwas über ihren Lebensweg und das, was ihnen in dieser Stadt angetan wurde“, so Herzog- von der Heide.

Seit 1986 recherchiert Riemer, trifft sich mit Opfern und Hinterbliebenen, pflegt Briefkontakte und vervollständigt seine Aufzeichnungen, wenn er neue Erkenntnisse gewinnt. Ohne seine jahrzehntelange Forschungsarbeit wären die Namen und Schicksale der Luckenwalder Juden völlig in Vergessenheit geraten. Auch über die drei Luckenwalder, für die am Donnerstag Stolpersteine verlegt wurden, stellte er Nachforschungen an.

Wenig Informationen über David Schuster

„Über David Schuster ist wenig bekannt“, sagte Riemer. In den Adressbüchern von 1925 und 1927 ist zu lesen, dass er von Beruf Weber war und dass er in der Bahnhofstraße 23 wohnte. In den folgenden Adressbüchern von 1930 und 1935 wird sein Name nicht genannt, obwohl er nach wie vor in der Stadt wohnte. Wahrscheinlich wohnte er irgendwo zur Untermiete.

„Am 13. Oktober 1937 trafen sich die Mitglieder der Synagogen-Gemeinde zu einer Gemeindeversammlung. Unter den 29 namentlich genannten Teilnehmern wird auch David Schuster erwähnt“, berichtet Riemer. David Schuster wird zuletzt in den „Listen der von 1939-1945 im Kreis Jüterbog-Luckenwalde eingesetzten Ostarbeiter und Kriegsgefangenen“ im Brandenburgischen Landeshauptarchiv genannt. Darin ist vermerkt, dass er am 1. Mai 1894 in Wasilkow (Ostpolen) geboren wurde, dass er von 1925 bis 1938 im Deutschen Reich, also wohl in Luckenwalde lebte und dass er zuletzt in der Hutfabrik Max Basch, Burg 30/31, gearbeitet hat – angeblich bis zum 10. November 1938. Das war der Vormittag nach der Pogromnacht, an dem die jüdischen Männer verhaftet und nach Sachsenhausen gebracht wurden. Aus den Unterlagen geht allerdings hervor, dass David Schuster schon zwölf Tage zuvor Luckenwalde verlassen musste. Er blieb bis zum Sommer 1939 im Internierungslager Bentschen. Danach verliert sich seine Spur. Der Stolperstein für ihn wurde dort verlegt, wo er in Luckenwalde zuletzt gearbeitet hatte. Das war die Hutfabrik Max Basch, Burg 30/31.

Zwei Stolpersteine für das Ehepaar Arndt in der Puschkinstraße

Desweiteren wurden mit Stolpersteinen an den Arzt Ernst Arndt und dessen Frau Marie erinnert. Ernst Arndt kam 1930 als junger Arzt nach Luckenwalde, um die Praxis von Hermann Salomon zu übernehmen, nachdem dieser zum Ersten Bürgermeister gewählt worden war. In Luckenwalde lernte Ernst Arndt die 1912 in Dresden geborene Marie Lourié kennen. Sie war die Tochter eines jüdischen Unternehmers, der aus Russland stammte und seit 1911 in Luckenwalde die Papierwarenfabrik Sonnenfeld & Co. betrieb. Beide heirateten 1932 in Luckenwalde. Sie wohnten in der damaligen Carlstraße 53, der heutigen Puschkinstraße 53, wo sich seit 1931 auch die Arztpraxis befand.

Nachdem die Nationalsozialisten die Macht übernommen hatten, wurden Ernst Arndt und seine Frau Marie bedroht; mit knapper Not sind sie dem Tod entgangen. Anfang April 1933 wurde Ernst Arndt wieder einmal zu einem Schwerverletzten gerufen. Seine Frau Marie berichtete, dass ihm die Sache seltsam vorkam. Sie wollte ihn begleiten. Scheinbar dauerte den Herren das Ankleiden zu lange, denn plötzlich wurde ins Haus geschossen. Die Polizei fand am folgenden Tag neun Patronenhülsen. Eine Kugel war direkt über Marie Arndts Kopf geflogen und an der Wand abgeprallt.

Wenig später zwangen drei SS-Männer den Arzt unter Androhung von Waffengewalt, seine Arztpraxis aufzugeben und Luckenwalde zu verlassen. Das Ehepaar Arndt emigrierte nach Frankreich. In Paris wurde Ernst Arndt von der Gestapo festgenommen. Er kam in verschiedene Durchgangs- und Vernichtungslager, die er wie durch ein Wunder überlebte.

Marie Arndt wollte ihren Mann dazu motivieren, ein Buch zu schreiben, aber er hat es nicht getan. Ernst Arndt starb 1981 im Alter von 80 Jahren. Seine Witwe hat ihm in über dreißig Briefen, die sie nach Luckenwalde schrieb, ein überzeugendes Denkmal gesetzt. Ihr letzter Brief stammt vom 19. März 1994. Die beiden Stolpersteine für das Ehepaar Arndt wurden von Bauhofmitarbeiter Andreas Zimmermann vor der Puschkinstraße 53 verlegt.

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 26.09.2020